Kunst "Gefühlte Gewalt"

Wer Gewalt erlebt hat, wird oft ein Leben lang mit "gefühlter Gewalt" leben.
Ohnmacht, Hilflosigkeit und Verzweiflung sind zwar ungebetene Gäste in der Innenwelt, haben aber die Tendenz sich im Gefühlshaushalt breit zu machen, so als ob sie zur Familie gehörten.
Irgendwann weiß man es dann selbst nicht mehr, ob sie nun wirklich etwas dort zu suchen haben und irgendwie ist der Schmerz familiär geworden. Aber nicht befreundet.
Im Prozess, sich wieder mit dem eigenen Innenleben freundlich und freundschaftlich zu fühlen, gibt es viele Hilfen zur Bewältigung. Aber keine, die den Wunsch ersetzt, sich selbst zum Helfer werden zu können und zu wollen. Und genau da setzt meiner Meinung nach Hans-Martin Haist an: die Kunst hilft Menschen, die- vielleicht vor langer Zeit- Gewalt erlebt haben und sie immer wieder neu fühlen, sich mit dieser gefühlten Gewalt auseinanderzusetzen.

Dabei, sich selbst nicht mehr dafür zu hassen, dass Gewalt erlebt wurde.
Sondern: Sich mit sich selbst zu befreunden. Vertraut zu werden mit gefühlter Sicherheit, Geborgenheit, gesunde Grenzen und Hoffnung.
Diese neuen Erfahrungen, anfangs vielleicht seltene Gäste, können aber bei uns zuhause sein.
Sie sollen sich zu tragenden Säulen unserer Gedankengebäude und Gefühlswelt entwickeln. Und auch wenn der Schmerz nie ganz verschwindet, bekommt er einen immer kleineren Platz und damit weniger Macht.
Die Bilder und Texte "Gefühlte Gewalt" sprechen viele Menschen an, auch solche, die selbst nicht Opfer waren oder sind. Vielleicht deswegen, weil jeder und jede doch irgendwie auf der Suche nach Versöhnung ist und Frieden mit Gott und der Welt, mit sich selbst und seiner Geschichte sucht.

 

Prof. Dr. Ulrich Giesekus
BeratungenPlus,Freudenstadt

Freudenschmerz